REZENSION
©Egmont Ehapa
"Asterix bei den Pikten": Adoption geglückt
Beim Teutates, der neue "Asterix" ist tatsächlich lesbar! Das Gespann Conrad-Ferri erzählt eine frische Geschichte im Stil der alten Klassiker. Mehr davon. Oder es hagelt Hinkelsteine.
Jeder Vater, jede Mutter weiß: Es ist schwer, sein Baby loszulassen - vor allem, wenn es als kleines Kind in den Zaubertrank gefallen ist. Bis sich "Asterix"-Erfinder Albert Uderzo zu dem schweren Schritt durchringen konnte, sollten mehr als 35 Jahre vergehen. Wäre es nicht ein Sakrileg, möchte man ausrufen: Endlich! Denn so genial Uderzos Zeichnungen auch waren - ein guter Geschichtenerzähler war er nie.
Mit Didier Conrad und Jean-Yves Ferri durften nun erstmals fremde Autoren Hand an die ikonischen Gallier legen - und doch fühlt sich dieser neue Band ("Asterix bei den Pikten") an wie ein Abenteuer aus der Blütezeit der Serie: Am Strand des kleinen, unbeugsamen Dorfes in Aremorica wird ein tiefgefrorener, tätowierter Krieger angespült, ein Pikte aus dem fernen Schottland. Weil der mit seinem beeindruckenden Körperbau die Herzen der Damenwelt ein wenig zu sehr verzückt, schickt Majestix seine besten Mannen gen Norden, um den Gast zurück in seine Heimat zu begleiten.
Erstmals nach "Asterix im Morgenland" (1987) dürfen Asterix und Obelix also wieder eintauchen in die Gepflogenheiten einer ihnen fremden Welt. Mit dieser Formel hatte René Goscinny seine besten Bände vorgelegt. Die Schweizer, die Spanier, die Briten - kein Volksstamm, keine Nation war vor der spitzen Feder des Franzosen sicher.
Guter Kopist
Der neue Texter, Jean-Yves Ferri, ist gewiss kein Goscinny. Hier und da stolpert auch er (oder ist's der deutsche Übersetzer?) in die Falle billiger Wortwitze, nicht alle Gags zünden. Warum der sprachproblembeladene Pikte Mac Aphon ausgerechnet englische Songtitel ("Ob-La-Di, Ob-La-Da", "Jingle Bells") stammeln muss, wird wohl für ewig Ferris Geheimnis bleiben. Wenn Majestix aber angesichts des gestrandeten Pikten mit voller Inbrunst verkündet "Für uns Gallier ist Recht auf Asyl kein leeres Versprechen, sitzt der Seitenhieb.
Zeichnerisch bleibt - paradoxerweise - alles beim Alten: Zu sagen, Conrad bliebe dem Stil Uderzos treu, wäre eine Untertreibung. Er kopiert ihn - und macht damit doch alles richtig. Am Pinselstrich des Asterix-Erfinders hatte es schließlich nie gelegen, dass die Qualität der gallischen Abenteuer zuletzt schneller sank als das Schiff des Piratenkapitäns.
Luft nach oben
Nein, es haperte an einer durchdachten und gewitzten Story. Immer häufiger hatte sich die Serie seit dem Tod René Goscinnys im November 1977 selbst zitiert. Running Gags wie die Begegnung mit den Piraten waren zum Selbstzweck verkommen. Die zunehmend lieblose deutsche Übersetzung tat ihr übriges hinzu und legte den unbeugsamen Galliern billige Kalauer und Zeitgeistanspielungen in den Mund, die heute müffeln wie Verleihnix‘ Fische im Hochsommer. (Looking at you, "Hol' mir mal ‘ne Flasche Bier!").
Sicher, hier ist auch bei den "Pikten" noch Luft nach oben. Doch die Zeiten, in denen Außerirdische im gallischen Dorf landeten und Obelix gegen Superman kämpfte, scheinen endgültig vorbei. Conrad und Ferri haben einen soliden Band abgeliefert, der endlich wieder mit einem zufriedenen Schmunzler aus der Hand gelegt werden kann.
Feuerprobe bestanden.
PS: Ein lahmes "Die haben eine Macke!" anstelle von "Die spinnen, die Pikten!"??? Geht. Gar. Nicht. Lieber Ferri, lieber Übersetzer: Das bisschen Zaubertrank hättet ihr dem Affen ruhig geben können.