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J E N S     W I E S N E R
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F R E I E R     J O U R N A L I S T   &  

F O T O G R A F I S C H E     A R B E I T E N

HINTER DEN KULISSEN

Die "Tierwelt" war eine Rubrik auf GEO.de, für die ich verschiedene Tierarten und ihre Charakteristika vorgestellt habe. Zu jedem Text gab es ein kurzes Video.

Mittlerweile ist die Rubrik leider offline, weshalb ich die Texte hier Schritt für Schritt neu einstelle.

Viel Spaß beim Lesen!

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 TIERWELT

 

Stattelrobbe näselt mit Mutter

© Aqqa Rosing-Asvi/CC

Sattelrobbe: Muttersorgen für zwölf Tage

Zwölf Tage lang kümmert sich eine Sattelrobben-Mutter aufopferungsvoll um ihr Neugeborenes, dann muss das Baby alleine auf dem Packeis klarkommen.

Lautes Quäken durchschneidet die Stille auf den vereisten Flächen des Weißen Meeres. Eine Babyrobbe (Pagophilus groenlandicus) ruft nach ihrer Mutter. Zwölf Tage sind vergangen, seitdem das Jungtier hier geboren wurde, mitten auf dem Packeis an dr Nordwestküste Russlands. Doch das Geschrei zeigt keine Wirkung. Die Mutter bleibt verschwunden.

Eine "Rabenmutter" ist das Robbenweibchen allerdings nicht. Im Frühjahr ziehen Sattelrobben in Scharen gen Süden, um ihre Jungen im späten Februar auf den Eisflächen des Weißen Meeres zu gebären. Bis zur Entwöhnung, die bereits zwölf Tage nach der Niederkunft erfolgt, kümmert sich das Muttertier aufopferungsvoll um ihr Neugeborenes. Selbst auf die eigene Nahrungsaufnahme wird verzichtet.

Die Muttermilch macht‘s

Sieben Mal täglich füttert ein Weibchen in dieser Zeit ihr Junges. Das Ritual läuft stets gleich ab: Erst werden die Nasen zur Begrüßung aneinander gerieben, dann legt sich die Mutter auf die Seite, damit das Junge leichter die Zitzen an der Körperunterseite erreicht. Mit 42 Prozent Fettanteil ist die Muttermilch einer Sattelrobbe äußerst nahrhaft. Kein Wunder, dass die Jungtiere, die bei der Geburt nur zehn Kilogramm wiegen, rasant an Gewicht zulegen: pro Tag ungefähr zwei Kilo. Bei der Mutter verhält es sich genau umgekehrt: Da sie in der Stillzeit auf eigene Nahrung verzichtet, verliert sie jeden Tag rund drei Kilo an Gewicht.

Für die Jungen beginnt nach der abrupten Entwöhnung die gefährlichste Zeit ihres Lebens. Noch tragen sie ihren weißen, seidigen Jungtierpelz ("whitecoats"), der sich nicht zum Schwimmen eignet. Bis die Sattelrobben ihr Jugendfell verloren und ein festanliegendes Haarkleid mit der charakteristisch-silbergrauen Färbung ausgebildet haben, müssen sie bisweilen mehrere Wochen auf dem Packeis ausharren. In dieser Zeit ist das Robbenjunge hilflos. Da der junge Flossenfüßler noch nicht in der Lage ist, selbstständig Fische und Krustentiere im Wasser zu jagen, magert er schnell wieder ab - auf bis zur Hälfte seines Körpergewichts. Noch größere Gefahr droht der Jungrobbe allerdings vom Menschen: Wegen ihres weißen Fellkleids werden vor allem die hilflosen Jungtiere in Massen gejagt - und wurden lange Zeit gar bei lebendigem Leib gehäutet.

Robben-Weibchen: Ohne Pause zum nächsten Kind

Die Mutter ist derweil mit anderen Dingen beschäftigt. Direkt nach der Entwöhnung wird sie aufs Neue von den Männern umworben. Lautes Heulen, Blubbern, Flossenklatscher auf den Eisboden, artistische Auftauchmanöver - die männlichen Tiere nutzen ein ganzes Repertoire an Tricks, um auf sich aufmerksam zu machen. Ob Robbenweibchen einen einzelnen Lebenspartner bevorzugen oder polygam leben, konnte allerdings noch nicht eindeutig geklärt werden.  

Ist die Werbung auf dem Eis von Erfolg gekrönt, tauchen beide Tiere für den Geschlechtsakt ins Wasser ab. Nach der Begattung ändert sich für das Weibchen erst einmal nichts: Für viereinhalb Monate ruht der Embryo im Mutterleib und entwickelt sich nicht weiter. In dieser Zeit wandern die rund 1,8 Millionen Robben des Weißen Meeres (Stand: 2000) in ihre nördlich gelegenen Sommerquartiere, die Nordpolargewässer der Kara- und Barentssee. Doch schon im September zieht es die Tiere zurück in ihre Brutgebiete im Weißen Meer, wo die trächtigen Weibchen im Februar ihre Jungen zur Welt bringen.